Thema/Hintergrund
Adaptiert aus: Alte Feuerwache e.V. Jugendbildungsstätte Kaubstraße (Hg.): Methodenhandbuch zum Thema Antiziganismus für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit, 1. Auflage, 2012, Münster: UNRAST-Verlag
Durchführung der Übung
Die Seminarleitung verteilt am Anfang der Übung an jede_n Teilnehmenden eine Rollenkarte (Arbeitsblatt C.V.1.) mit Informationen zu einer imaginären Person. Die Teilnehmenden machen sich nun kurz und ohne diese den anderen zu zeigen mit ihrer Rolle vertraut. Verständnisfragen beantwortet die Seminarleitung individuell. Anschließend werden alle Teilnehmenden gebeten, sich in einer Reihe nebeneinander auf einer vorher mit Kreppklebeband markierten Grundlinie, ähnlich wie bei einem Wettlauf, aufzustellen.
Die Seminarleitung erklärt, dass sie nun nacheinander Fragen (Arbeitsblatt C.V.2.) vorlesen wird, und dass diejenigen Teilnehmenden, die aus ihrer jeweiligen Rolle heraus die Frage mit „ja“ beantworten können, einen Schritt nach vorne treten sollen. Wer entsprechend seinem/ihrem Rollenprofil die Frage mit „nein“ beantwortet, bleibt an seinem/ihrem Platz stehen und geht keinen Schritt nach vorne. Nach der letzten Frage bleiben alle Teilnehmenden in ihrer Rolle und an ihrem Platz stehen.
Im Anschluss an die Klärung der Spielregeln weist die Seminarleitung die Teilnehmenden noch darauf hin, dass sie sich den Inhalt ihres Profils immer wieder vor Augen führen müssen, damit sie möglichst spontan auf die Fragen reagieren können. Diese Reaktionen erfolgen aus dem eignen Ermessen heraus, es gibt kein richtig oder falsch.
Nachdem die Seminarleitung alle Fragen vorgelesen hat und die Teilnehmenden diese mit ihren Positionierungen in Bezug auf die Ausgangslinie beantwortet haben, werden die Teilnehmenden aufgefordert, sich umzusehen und sich ein Bild von den Positionierungen der anderen Gruppenmitglieder zu machen.
Zum Abschluss dieses Teils der Übung werden die Profilkarten mit Kreppklebeband auf dem Boden an der entsprechenden Position befestigt, damit während der Auswertungsphasen die einzelnen Positionierungen erkennbar bleiben. Anschließend bittet die Seminarleitung die Teilnehmenden, im Folgenden wieder aus ihrer eigenen Perspektive heraus zu argumentieren. Dies kann mit einer Auflockerungsübung verbunden werden.
Variante
Die Seminarleitung verteilt einzelnen Rollenkarten mehrmals an verschiedene Teilnehmende. Hierdurch kann in der Auswertung die möglicherweise unterschiedliche Einschätzung und Interpretation der jeweiligen Rollen stärker thematisiert werden. Diese Variante kann je nach Fokus der Seminarleitung dahingehend ausgeweitet werden, dass alle Teilnehmenden dieselbe Rollenkarte erhalten.
Für eine gemeinsame Reflexion der Übung bittet die Seminarleitung die Teilnehmenden in einen Stuhlkreis.
Auswertung
Zur spontanen Reflexion der Übungkann die Seminarleitung folgende Fragen stellen:
- Welche Rolle hattest du?
- Wie hast du dich in deiner Rolle gefühlt?
- Wie war es, ganz vorne dabei zu sein/ganz hinten zu stehen/im Mittelfeld zu sein?
- Wann hast du gemerkt, dass du die anderen abhängst/von anderen abgehängt wurdest?
- War es schwer, sich in die Rolle hineinzuversetzen?
Leitfragen für die Diskussion
- Welche Eigenschaften und Umstände in eurem Rollenprofil habt ihr als Vorteil bzw. Nachteil bewertet?
- Welche Rolle spielte für die Beantwortung der Fragen die Zugehörigkeit zur Minderheit von Sinti und Roma?
- Auf welchen Informationen basieren eure Einschätzungen der Handlungsspielräume von Sinti und Roma im alltäglichen Leben?
- Für wie realitätsnah erachtet ihr eure eigene Einschätzung der jeweiligen Rolle und die der anderen Teilnehmenden?
- Welche Handlungsmöglichkeiten haben diejenigen, die hinten stehen, um weiter nach vorne zu kommen?
- Wodurch sind eurer Meinung nach solche Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt?
- Was könnten diejenigen, die vorne positioniert sind, tun, um andere bei ihrem Fortkommen zu unterstützen?
Hat sich die Seminarleitung dazu entschiedenen, die Übung in ihrer oben geschilderten Variantedurchzuführen, kann sie das Gespräch zu den möglicherweise unterschiedlichen Einschätzungen durch die Teilnehmenden mit folgenden Fragen anleiten:
- Warum habt ihr – obwohl ihr dieselben Rollen hattet – die Handlungsmöglichkeiten unterschiedlich eingeschätzt?
- Welche unterschiedlichen Vorstellungen und Erfahrungen von Kultur, Tradition und Diskriminierung liegen euren Einschätzungen zugrunde?
Rahmenbedingungen
Zeit:
- 50 Minuten
Material:
- Arbeitsblätter C.V.1. und C.V.2.
- Kreppklebeband
- ausreichend großer Raum