Vom 22. bis zum 26. August 1992 gab es rassistisch motivierte Angriffe gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter:innen in einem größeren Wohnkomplex im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen. Mehrere Hundert teilweise rechtsextreme Personen und Tausende Unterstützer:innen führten zu einer Drohkulisse für die Bewohner:innen und behinderten die Einsatzkräfte. Das Pogrom war der schwerste rassistische Übergriff nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. Eine der politischen Folgen dieser und anderer Übergriffe war die Einschränkung des Grundrechts auf Asyl im Folgejahr. Die Aufarbeitung des Vorfalls gestaltete sich schwierig. Die Betroffenen waren nach den Geschehnissen weitestgehend auf sich alleine gestellt und schwiegen aus Selbstschutz. Ihre Perspektiven fanden in den darauffolgenden Jahren also kaum Gehör. Viele Bewohner:innen von Rostock-Lichtenhagen zeigten den Täter:innen gegenüber Verständnis und auch rechtlich gab es kaum Konsequenzen. Der letzte Prozess fand erst 10 Jahre nach dem Pogrom statt und Täter:innen wurden lediglich zu Bewährungsstrafen verurteilt. Viele Juden:Jüdinnen zeigten Solidarität mit den Opfern und versuchten bereits wenige Wochen nach dem Pogrom einen dauerhaften Gedenkort zu schaffen. Jahrelang scheiterten die Bemühungen, sodass erst 25 Jahre später Gedenkstelen in der Stadt installiert wurden. Weil viele in der Stadt das Erinnern hinter sich lassen möchten, ist es für die Gerechtigkeit der Betroffenen und für die Vermeidung zukünftiger rassistischer Gewalttaten umso wichtiger, die Erinnerungskultur weiterzuführen.