Nationalismen sind durch zwei Prinzipien gekennzeichnet: Erstens werden die nationale Zugehörigkeit und das subjektive Zugehörigkeitsgefühl dazu benutzt, um politische, rechtliche und soziale Ansprüche zu formulieren, die Nicht-Zugehörigen abgesprochen werden. Zweitens müssen alle Nationalismen definieren, wer zur Nation gehört und wer nicht. Diese Bestimmung geschieht entlang von Definitionskriterien wie „Kultur“, „Geschichte“, „Abstammung“ oder „Rasse“. Im Ergebnis ist die gesamte Menschheit in Völker bzw. Nationen eingeteilt, die als kollektive Akteur:innen von Politik und Geschichte betrachtet werden. Nationalismus kann also als ein Konglomerat aus politischen Ideen, Symbolen, Gefühlen, alltäglichen Handlungen, staatlichen Identifikationsangeboten und Institutionen verstanden werden. Nationalismen fußen also auf gemeinsamen Glaubenssätzen: auf der Überzeugung, dass die Unterteilung in Nationen auf unhintergehbaren Gemeinsamkeiten der jeweiligen Mitglieder fuße; dass jeder Mensch einer Nation angehören müsse und an ein bestimmtes Territorium gebunden ist; dass die Erkenntnis der Zugehörigkeit einer notwendigen – mensch könnte sagen „gesunden“ – Bewusstwerdung gleichkomme; und schließlich, dass die Loyalität zur Nation ein moralischer Wert an sich sei.
Siehe auch Antisemitismus und völkischer Nationalismus