Kritisches Weißsein (engl. Critical Whiteness) bezeichnet den kritischen Blick auf Weißsein als soziale Kategorie. Im Gegensatz zu anderen Rassismusanalysen, die Schwarze Menschen und People of Color als „Opfer“ im Blick haben, werden die Auswirkungen von Rassismus auf die Sozialisation weiß positionierter Menschen betrachtet. Auch wenn klar ist, dass es keine „Rassen“ gibt, sind rassifizierte Kategorisierungen eine soziale Realität. Während Schwarze Menschen strukturell ethnisiert und als anders markiert werden, wird der Gegenentwurf, der diese rassistischen Konstruktionen erst möglich macht – das Weißsein – strukturell ausgeblendet und mit ihm alle Privilegien und Ungleichheiten, die damit einhergehen. Bspw. finden sich schon im Kindesalter weiße Menschen selbstverständlich in Büchern, Filmen und Liedern repräsentiert, während Schwarze Menschen kaum als selbstverständlich Anwesende auftauchen. Dadurch bleibt Weißsein Norm und Normalität und es gelingt nicht, die rassistischen Machtstrukturen zu erkennen und zu hinterfragen. Von Schwarzen Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen in den USA und später in Europa erkämpft, hat sich diese Sichtweise auch im wissenschaftlichen Kontext etabliert: Die Critical Whiteness Studies (Kritische Weißseinsforschung) sind inzwischen auch an deutschen Universitäten vertreten und bilden mit ihrer Perspektive bspw. einen integralen Bestandteil der Migrationspädagogik.
Siehe auch Ethnisierung, Farbenblindheit, Postkolonialismus, Rassifizierung und Rassismus