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Desintegration

Desintegration beschreibt ein soziales Phänomen der Loslösung aus gesellschaftlichen Bindungen und bildet somit den Gegenpart zur Integration. Sie kann jede Person betreffen und sowohl objektiv als auch subjektiv in Erscheinung treten. Während objektive Desintegration Aspekte wie den fehlenden Zugang zu Bildung, Arbeit oder Kultur umfasst, gilt Desintegration als subjektiv, wenn sie der Wahrnehmung von Menschen entspricht, selbst wenn objektiv keine Faktoren für eine Desintegration vorliegen. 

Im Zusammenhang mit Migration wird der Begriff Desintegration häufig verwendet, um eine vermeintlich unzureichende „Integration(sbereitschaft)“ von Migrant:innen zu beschreiben. Hierbei transportiert der Begriff eine wahrgenommene Abweichung von der weiß-christlich-deutschen Norm, die oft mit der Forderung nach Anpassung und der Androhung von Sanktionen verbunden ist. In diesem Kontext werden die Begriffe Integration und Desintegration also genutzt, um die weiß-christlich-deutsche Dominanz zu festigen (Rassismus).

Diesem Verständnis von Desintegration und Integration stellt Max Czollek eine kritische Neubewertung entgegen. Er schlägt vor, Desintegration nicht nur als ein zu vermeidendes oder als problematisches Phänomen zu betrachten, sondern sie auch als ein durchaus legitim und sogar erwünscht zu begreifen. Czollek kritisiert den Druck zur „Integration“, der (vermeintlichen) Migrant:innen häufig auferlegt wird, und stellt fest, dass dieser Zwang zur Anpassung häufig mit einem Verlust der kulturellen Vielfalt und Identität einhergeht. Anstatt sich in bestehende, normierte gesellschaftliche Strukturen einfügen zu müssen, plädiert er für eine Gesellschaft, die Diversität anerkennt und respektiert, ohne eine erzwungene Angleichung. Desintegration, wie Czollek sie versteht, bedeutet somit nicht das Ausschließen oder Abgrenzen von der Gesellschaft, sondern vielmehr eine Ablehnung des Integrationszwangs und eine Forderung nach mehr Selbstbestimmung in der Gestaltung von Identität und Zugehörigkeit.