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Glossar

Im Glossar erläutert IDA zentrale Begriffe aus seinen Arbeitsbereichen kurz und verständlich. Das Glossar wird kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Sie vermissen einen Begriff? Schreiben Sie uns einfach an Info(at)IDAeV.de.

Care-Arbeit

Care-Arbeit bezeichnet alle Tätigkeiten, die mit dem Kümmern, Fürsorgen und Pflegen von Menschen zu tun haben. Sie umfasst Tätigkeiten wie Altenpflege, Kinderbetreuung, Erziehung, häusliche Pflege sowie familiäre oder freundschaftliche Unterstützung. Im Kern orientiert sich Care-Arbeit an den Bedürfnissen von anderen Personen und trägt maßgeblich zur sozialen und emotionalen Reproduktion von Gemeinschaften bei.

Der Begriff Care-Arbeit wurde in den 1990er Jahren aus dem englischen „care work“ übernommen und steht im Zusammenhang mit feministischen Theorien zur Reproduktionsarbeit, die insbesondere im Kontext der zweiten Frauenbewegung an Bedeutung gewannen. Ein zentraler Aspekt dieser Theorie ist, dass Care-Arbeit häufig von Frauen verrichtet wird, oft in Form unbezahlter Hausarbeit, die gesellschaftlich als selbstverständlich, aber wenig anerkannt und nicht ausreichend vergütet wird.

Obwohl sich die gesellschaftlichen Geschlechterrollen im Laufe der Zeit gewandelt haben und Care-Arbeit teilweise neu verteilt wird, bleibt die Verantwortung für viele dieser Tätigkeiten größtenteils bei Frauen. Der Begriff Care-Chain beschreibt diesen internationalen Trend, bei dem die Care-Arbeit zunehmend von Migrantinnen übernommen wird, insbesondere von Frauen aus Osteuropa und dem Globalen Süden (siehe Antislawischer Rassismus, Imperiale Lebensweise und Migration). Gleichzeitig hat der Fachkräftemangel im Pflegebereich, etwa in Deutschland, zur Folge, dass diese Arbeiten zunehmend an Migrantinnen delegiert werden, häufig unter schlechten Arbeitsbedingungen und mit geringen Löhnen.

Die Bedeutung und Anerkennung von Care-Arbeit ist ein zentrales Thema in der Diskussion um soziale Gerechtigkeit und die gerechte Verteilung von Arbeit innerhalb der Gesellschaft.

Cissexismus

Cisseximus ist ein anderer Begriff für Trans*feindlichkeit. Damit sind Vorurteile, Ekel, Aggression oder Angst gegenüber trans* Personen, ihren Lebensweisen und dem Ausdruck ihrer Geschlechtsidentitäten sowie die damit einhergehende gesellschaftliche Diskriminierung gemeint. Sprachlich hebt der Begriff Cissexismus die Gruppe, von der diese Diskriminierungsform ausgeht – nämlich cisgeschlechtliche Menschen – stärker hervor als die Gruppe der davon betroffenen trans* Menschen. Er rückt also die Perspektive hin zur Dominanzgesellschaft derer, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt aufgrund ihrer Genitalien zugewiesen wurde. Sie entsprechen damit der Cis-Norm, also der Annahme, dass mit dem zugewiesenen Geschlecht „männlich“ oder „weiblich“ automatisch eine entsprechende Geschlechtsidentität und ein entsprechender Geschlechtsausdruck einhergehen. Cis bildet somit das Gegenstück zu trans* und allen weiteren Identifikationen, die Menschen jenseits des Zwei-Geschlechter-Modells verorten, z.B. nicht-binär oder genderfluid (siehe LGBTQIA* und Queer).

Siehe auch Gender, Gender und Queer Studies, Heteronormativität, Heterosexismus, Identität (individuelle)und Queerfeindlichkeit

Colorism

Der Begriff wurde erstmals 1982 durch Alice Walker geprägt und meint die Hierarchisierung und relative Privilegierung von Menschen, deren Aussehen eher weißen Schönheitsnormen entspricht, innerhalb von Communitys rassismusbetroffener Menschen. Colorism bezieht sich explizit auf den Hautton von Menschen, kann aber auch in Zusammenhang mit anderen äußerlichen Merkmalen wie Gesichtszügen und/oder Haarstruktur stehen. Colorism reproduziert Rassismus, weil Auf- und Abwertung aus der Nähe zum Weißsein resultieren und der Erhaltungweißer Privilegien dienen. Colorism führt dazu, dass Menschen weltweit mehr Diskriminierung erfahren, je dunkler ihr Hautton ist. 

Siehe auch Anti-Schwarzer Rassismus und Rassifizierung

Critical Whiteness

Kritisches Weißsein (engl. Critical Whiteness) bezeichnet den kritischen Blick auf Weißsein als soziale Kategorie. Im Gegensatz zu anderen Rassismusanalysen, die BIPoC* als „Opfer“ im Blick haben, werden die Auswirkungen von Rassismus auf die Sozialisation und Psyche weißpositionierter Menschen betrachtet. Auch wenn klar ist, dass es keine „Rassen“ gibt, sind rassifizierte Kategorisierungen eine soziale Realität. 

Während BIPoC* strukturell ethnisiert und als anders markiert werden, wird der Gegenentwurf, der diese rassistischen Konstruktionen erst möglich macht – das Weißsein – strukturell ausgeblendet und mit ihm alle weißen Privilegien und Ungleichheiten, die damit einhergehen. Bspw. finden sich schon im Kindesalter weißeMenschen selbstverständlich in Büchern, Filmen und Liedern repräsentiert, während z.B. Schwarze Menschen kaum als selbstverständlich Anwesende auftauchen. Dadurch bleibt Weißsein Norm und Normalität und es gelingt nicht, die rassistischen Machtstrukturen zu erkennen und zu hinterfragen.

Von Schwarzen Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen in den USA und später in Europa erkämpft, hat sich diese Sichtweise auch im wissenschaftlichen Kontext etabliert: Die Critical Whiteness Studies (Kritische Weißseinsforschung) sind inzwischen auch an deutschen Universitäten vertreten und bilden mit ihrer Perspektive bspw. einen integralen Bestandteil der Migrationspädagogik.

KritischesWeißsein muss jedoch Antisemitismuskritik beinhalten, u.a. weil Weißsein in Deutschland mit christlicher Sozialisation verbunden ist und Juden:Jüdinnen aufgrund ihrer vergangenen und gegenwärtigen Verfolgungserfahrungen aus der weiß-deutschen Norm ausgeschlossen sind.

Kritiker:innen des Ansatzes der Critical Whiteness warnen davor, dass durch die Anwendung des Schemas von Schwarz und weiß neue Essentialisierungen und Homogenisierungen entstehen können. Von konservativen bis rechtsextremen, aber auch anderen Akteur:innen wird diese Kritik genutzt, um den Ansatz in Gänze als ungeeignet und rein ideologisch motiviert zu diskreditieren. Eine weitere Kritik wird auf Basis einer an Karl Marx orientierten materialistischen Kapitalismuskritik geäußert (siehe Kapitalismus). Deren Vertreter:innen bemängeln, dass Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur und der Verteilung von Arbeit und Reichtum zugunsten von Identitätsfragen und Selbstreflexion ausgeblendet würden.

Siehe auch Postkolonialismus, Rassismus, Weiße Zerbrechlichkeit und White Passing