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Glossar

Im Glossar erläutert IDA zentrale Begriffe aus seinen Arbeitsbereichen kurz und verständlich. Das Glossar wird kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Sie vermissen einen Begriff? Schreiben Sie uns einfach an Info(at)IDAeV.de.

Veranderung

Siehe Othering

Verbündet-Sein

Vereine von Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Verinnerlichung

Unter Verinnerlichung bzw. Internalisierung versteht man die Aneignung und Übernahme von Zuschreibungen, (kulturellen) Werten, Normen oder sozialen Rollen. Die verinnerlichten Werte oder Rollen werden dann als zur eigenen Person zugehörig empfunden. Auch Fremdzuschreibungen können internalisiert und damit zu Selbstzuschreibungen werden. Die Verinnerlichung rassistischer und diskriminierender Zuschreibungen führt zur Ausbildung eines doppelten Bewusstseins und wird als „internalisierte Unterdrückung“ bezeichnet.

Verschwörungserzählungen

Verschwörungserzählungen werden im gesellschaftlichen Diskurs aufgrund ihres abstrusen Charakters fälschlicherweise oft als harmlos abgetan, jedoch sind sie ein antikes und teilweise gefährliches Phänomen der Sündenbock-Suche. Anhand von Verschwörungserzählungen   werden Entwicklungen, Zustände und Ereignisse durch eine vermeintliche Verschwörung einer kleinen Gruppe von Menschen erklärt, die eigene, destruktive Interessen damit verfolgen würden. Dabei wird konkret benannt, wer hinter dieser wahrgenommenen Verschwörung stecke, welcher katastrophale Zustand dadurch drohe und mit welchen Mitteln die Ziele der Verschwörer:innen erreicht würden.  In den Erzählungen hängen Ereignisse wie in einem Netzwerk zusammen, die Existenz von Zufällen wird negiert und die öffentliche Wirklichkeit scheint nur ein durch die Verschwörer:innen konstruiertes Trugbild zu sein. Insbesondere in Krisenzeiten entsteht ein guter Nährboden für Verschwörungserzählungen, da die Erzählung von einer bösartigen, mächtigen Gruppe paradoxerweise greifbarer und einfacher zu verarbeiten ist als die komplexen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Hintergründe von Geschehnissen.  Gleichzeitig bietet die Rolle des Opfers einer (Welt-)Verschwörung die Möglichkeit, das eigene Selbstbild positiv zu verstärken.

Die Begriffswelt um Verschwörungserzählungen ist selbst unter Expert:innen durch Uneinigkeit und Diskurs geprägt. So wird beispielsweise dafür plädiert,  die Begriffe Verschwörungsideologie, Verschwörungsmythos und Verschwörungstheorie nicht synonym zu verwenden. Letzterer wird, trotz seiner Verbreitung, besonders kontrovers diskutiert, da sich gewöhnliche Theorien im Gegensatz zu Verschwörungstheorien wissenschaftlich testen lassen und mithilfe von Gegenbeweisen verworfen werden können. Der Begriff Verschwörungsideologie fokussiert nicht auf die konkreten Erzählungen über angebliche Verschwörungen, sondern beschreibt eine entsprechende  übergeordnete,  propagierte Weltanschauung. Verschwörungsmythen hingegenbezeichnen abstrakte Geschichten, aus denen sich dann konkrete Verschwörungserzählungen ableiten lassen. Die Begriffe Verschwörungsmythen und Verschwörungserzählungen werden häufig synonym verwendet, um dieselben Konstrukte zu beschreiben, auch wenn sich ihre Bedeutung nicht vollumfänglich deckt.

Siehe auch Themenschwerpunkt: Verschwörungserzählungen. Hier finden Sie noch mehr Infos zu Verschwörungserzählungen

Verschwörungsideologie

Eine Verschwörungsideologie ist eine allumfassende Erklärung der Welt und eine durch ihre Anhänger:innen propagierte, gemeinsame Weltanschauung. Eine Verschwörungserzählung (beispielsweise, dass Bill Gates das Corona Virus erfunden hat, um die Anzahl an Menschen auf der Erde zu reduzieren) birgt das Potential Teil eine Verschwörungsideologie zu werden. Im Rahmen dessen bilden sich Bewegungen von Verschwörungsgläubigen, durch welche die gemeinsame Ideologie verbreitet werden soll (beispielsweise die „Querdenken“-Bewegung). Meist beheimatet eine Verschwörungsideologie ein entsprechendes Weltbild und totalitäre Leitbilder, die ihre Anhänger:innen versuchen, in die Gesellschaft zu tragen und umzusetzen. Ein solches ideologisches Denksystem lässt keinen Raum für Widersprüche, Kritik oder Gegenbeweise. Eine Verschwörungsideologie ummantelt das Ziel hinter einer Verschwörungserzählung Sündenböcke zu finden und diese zu bestrafen.

Von einer Verschwörungsideologie ist die Verschwörungsmentalität abzugrenzen. Menschen unterscheiden sich in ihrer individuellen Tendenz, grundsätzlich überall vermeintliche Verschwörungen und verschwörerische Muster zu erkennen. Wenn der Glaube einer Person an geheime Verschwörungen tiefergehend im eigenen Weltbild verankert ist, dann spricht man von einer Verschwörungsmentalität. Die Verschwörungsmentalität bezieht sich dementsprechend, im Gegensatz zur Verschwörungsideologie, auf die psychologisch messbare individuelle Einstellung von Menschen.

Verschwörungsmentalität

Verschwörungsmythos

Verschwörungstheorie

Vielfalt

Mit Vielfalt ist das Nebeneinander von verschiedenen Differenzlinien gemeint, beispielsweise in Form von Herkunft oder Geschlecht. In einer vielfältigen Gesellschaft leben Menschen verschiedener Gruppen, Identitäten, Lebensentwürfe, Gewohnheiten, Interessen, Meinungen, Weltanschauungen und Verhaltensweisen zusammen. Es können jedoch auch Zuschreibungen, die Menschen in ihrer vermeintlichen „Andersheit“ gegenüber der erlebten Normalität ausgrenzen, mit Vielfalt verbunden sein. Solche Zuschreibungen als „fremd“ verlieren in einer inklusiven Gesellschaft zunehmend an Bedeutung.

Die Begriffe „Vielfalt“, „Diversität“ und „Diversity“ werden oft synonym verwendet. Diversität geht jedoch über Vielfalt hinaus und fokussiert sich darauf, dass bestimmte Merkmale von Menschen gesellschaftliche Folgen haben können (z.B. Diskriminierung) und erkennt die Notwendigkeit von Empowerment. Bei der Verwendung des Begriffs „Vielfalt“ werden häufig strukturelle Folgen von sozialen Zugehörigkeiten ausgeblendet. Währenddessen wird der Begriff „Diversity“ vor allem in der Wirtschaft genutzt, um einerseits die Verschiedenheit der Mitarbeiter:innen wertzuschätzen. Andererseits verleihen sich Unternehmen manchmal aus Marketinggründen ein diverses Image, welches sich in der Unternehmensstruktur nicht unbedingt widerspiegelt.

Siehe auch: Diversitätsbewusste Bildungsarbeit, Diversity Management, Inklusion, Interkulturelles Lernen

VJM

Volk

Siehe Ethnie

Völkischer Nationalismus

Im völkischen Nationalismus wird ein ethnisierender bzw. rassifizierender Volksbegriff mit nationalistischen Denkkategorien verbunden: Nicht die Staatsbürgerschaft entscheidet, wer zum „Volk“ und zur „Nation“ gehört, sondern „Abstammung“ und „Rasse“. Daher können Schwarze, jüdische oder muslimische Deutsche in dieser Denkweise nicht existieren und wird Zuwanderung als Gefahr betrachtet, da sie die Homogenität und das Wesen der völkisch definierten Gemeinschaft bedroht. Diese völkisch nationalistische Erzählung drückt sich auch in den extrem rechten Kampfbegriffen der „Umvolkung“ und des „großen Austauschs“ aus, die in der Regel mit strukturell oder offen antisemitischen Verschwörungserzählungen verknüpft werden. Zudem ist der völkische Nationalismus inhärent totalitär, da die rassistische Vorstellung des Volkes mit der Forderung nach einem starken Staat einhergeht, der die Homogenität des Volkes (auch mit Gewalt) durchsetzt. Das „völkisch-nationale“ Kollektiv erscheint wichtiger als individuelle Interessen und Rechte. Bei völkischem Nationalismus handelt es sich um eine rassistische Blut-und-Boden-Ideologie, die klassischerweise von extrem Rechten bedient wird, aber auch im Mainstream anschlussfähig ist. Bspw. findet sie sich partiell auch im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht wieder.

Siehe auch Rassismus

Vorurteil

Vorurteile sind negative oder ablehnende Einstellungen einem Menschen oder einer Menschengruppe gegenüber. Anderen werden dabei infolge stereotyper Vorstellungen bestimmte und zumeist negative Eigenschaften zugeschrieben, die sich aufgrund von Starrheit und gefühlsmäßiger Aufladung selbst bei widersprechender Erfahrung nur schwer korrigieren lassen. Viele Vorurteile gegenüber Minderheiten (z. B. Jüd:innen, Schwarze, Sinti:zze und Rom:nja) sind historisch tradiert und werden in den Medien, in Schulbüchern und in der Alltagssprache reproduziert. Der Begriff wird aus rassismuskritischer Perspektive inzwischen kritisiert. Denn er und die entsprechende Vorurteilsforschung tendieren erstens dazu, rassistische Einstellungen als individuelles Problem oder Falschinformation erscheinen zu lassen. Sie können dadurch zweitens die Frage nicht befriedigend beantworten, warum rassistisches Wissen sozial geteilt und gesellschaftlich so weit verbreitet ist. Drittens impliziert der Begriff, dass ein prinzipiell richtiges Urteil über die Gruppen, auf die sich Vorurteile beziehen, möglich sei. Dadurch erscheinen diese Gruppen als naturgegebene Einheiten und die Äußernden von Vorurteilen als defizitär und unwissend. Viertens blendet der Begriff die Machtverhältnisse, in denen Vorurteile entstehen und geäußert werden, und die Funktionen, die Vorurteile darin übernehmen, aus. Dadurch leistet er der Gefahr Vorschub, Rassismus zu relativieren.