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Glossar Detailansicht

Migrationsgesellschaft

Der Begriff Migrationsgesellschaft ist im Jahr 2004 von Paul Mecheril im Rahmen seines Entwurfs einer Migrationspädagogik geprägt worden. Er geht über die Begriffe der Zuwanderungs- oder Einwanderungsgesellschaft hinaus. Denn im Gegensatz zu ihnen setzt Migrationsgesellschaft Nationalstaaten nicht als selbstverständliche nach außen abgeschlossene Bezugsgrößen von Migrationsphänomenen voraus. Dadurch schließt der Begriff Migrationsgesellschaft erstens ein weiteres Spektrum von historischen und gegenwärtigen Wanderungsphänomenen ein, z.B. Pendelmigration. Zweitens erfasst er Phänomene, die für Migrationsgesellschaften – also potenziell für die Erfahrungen aller ihrer Angehörigen – charakteristisch sind. Dazu zählen u.a. die Entstehung transnationaler sozialer Räume und Zugehörigkeiten, Hybridität, die Herstellung von Fremdheit, Alltagsrassismus, die Aushandlung von Grenzvorstellungen und Zugehörigkeitsordnungen. Drittens entzieht sich der Begriff Migrationsgesellschaft dem interessengeleiteten Zweck, das Prinzip der Nationalstaaten weltweit zu stabilisieren.

In einer missverständlichen Verwendung wird der Begriff nur auf migrierte Menschen und deren direkte Nachkommen bezogen. Diese Verwendung konstruiert eine „deutsche Gesellschaft“, die frei von Migration ist, und eine „Migrationsgesellschaft“, die von dieser Norm abweicht und nicht wirklich „deutsch“ ist. Diese Verwendung wirkt also ausschließend, verandernd (Othering) und letztendlich rassistisch. Vielmehr bezieht sich Migrationsgesellschaft auf alle Menschen in Deutschland. Deutschland ist als Ganzes eine Migrationsgesellschaft.

Siehe auch Einwanderungsgesellschaft, Nation und Nationalismus.