18. bis 19. Dezember 2020 online via Zoom.
Gut oder böse? Wahrheit oder Fake? „Männlich” oder „weiblich”? Mit oder ohne „Migrationshintergrund”? Hinter dem Stichwort „Ambiguitätstoleranz“ (auch: Widerspruchstoleranz) verbirgt sich die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten auszuhalten und anzuerkennen. Menschen, die das gut können, fällt es leichter, unterschiedliche politische, religiöse oder gesellschaftliche Überzeugungen und Lebenseinstellungen anzuerkennen. Sie kommen besser damit klar, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt, sondern viele unterschiedliche Perspektiven, die sich zwar teilweise widersprechen können, aber doch mit gleicher Wahrscheinlichkeit gültig sind. Merkmale für eine auffallend geringe Ambiguitätstoleranz sind hingegen u. a. Wahrheitsobsession, Geschichtsverneinung und Reinheitsstreben.
Im IDA-Trainingonline möchten wir mit den Teilnehmenden die Fähigkeit trainieren, mit Widersprüchen und Uneindeutigkeiten in der eigenen Bildungsarbeit umzugehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Gesprächsmethode und Haltung Mahloquet. Sie ist der jüdischen Tradition entnommen und wurde für den deutschen Kontext von Leah Carola Czollek und Gudrun Perko weiterentwickelt. Mittlerweile wird sie erfolgreich in Bereichen der Konfliktlösung, der Mediation, der Erwachsenenbildung und Lehre sowie im Social Justice und Diversity-Training angewandt. Mit Hilfe dieser Methodik widmen wir uns folgenden Fragen: Was bedeutet Ambiguitätstoleranz? Wie hängt Ambiguitätstoleranz mit Diskriminierung sowie rechtsextremen und -populistischen Einstellungen zusammen und was bedeutet das für deren Prävention? Was bedeutet sie persönlich, gesellschaftlich und für die eigene berufliche Praxis in der Kinder- und Jugendarbeit? Wie lässt sich Ambiguitätstoleranz mit Hilfe der Mahloquet trainieren?
Das IDA-Trainingonline richtet sich an Ehren- und Hauptamtliche sowie an freiberufliche Trainer:innen, die in der Jugend(verbands-) und -bildungsarbeit tätig sind, sowie an Studierende. Wir setzen die Bereitschaft voraus, sich kritisch mit der eigenen Haltung und Arbeitspraxis auseinanderzusetzen.
Referent:innen
Sarah Gräf, Social Justice & Diversity-Trainerin
Sebastian Seng, Bildungsreferent des IDA e. V.
Nora Warrach, Bildungsreferentin des IDA e. V.
Anmeldeschluss ist der 1. Dezember 2020.
Der Link wird nach erfolgreicher Anmeldung rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn verschickt.
Weitere Informationen unter:
Email: info(at)idaev.de
Tel: 02 11 / 15 92 55 5
Seminarsprache
Um dem Seminar inhaltlich folgen zu können, sind mindestens Deutschkenntnisse der Stufe B2 notwendig. Wenn Bedarf an einer Sprachmittlung oder DGS-Übersetzung bestehen sollte, sprechen Sie uns gerne an.
Datenschutz
IDA e. V. erhebt, speichert und verarbeitet Ihre persönlichen Daten ausschließlich zum Zwecke der Abwicklung des Trainings.
Dieses Seminar ist eine Veranstaltung des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit (IDA) e. V. und wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes gefördert.
Wir legen sehr viel Wert auf ein respektvolles Miteinander. In diesem Sinne behalten wir uns vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Ablauf:
ab 19.30 Uhr: Begrüßung und Fachgespräch
ca. 20.30 – ca. 21.30 Uhr: Kulturprogramm
ab ca. 21.30 Uhr: Offener Ausklang
Anmeldungen können über das untenstehende Formular getätigt werden. Da es sich um eine Online-Veranstaltung handelt, sind Fragen zu Verpflegung und Unterstützungsbedarf hinsichtlich der Barrierefreiheit nicht zu berücksichtigen.
Jubiläen sind nicht nur ein Anlass zurückzublicken, sondern bieten auch eine Chance zum Innehalten und zur Reflexion. 30 Jahre Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA) sind dafür eine gute Gelegenheit:
Auf Initiative von Jugendverbänden wird 1990 das IDA mit dem Ziel gegründet, mit Bildungsarbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen. Die Gründung steht in direktem Zusammenhang mit den rassistischen Pogromen der 1990er Jahre. Dadurch entwickeln sich die Kernthemen des IDA: Rassismus(kritik), Rechtsextremismus, Antisemitismus und weitere, sich im Laufe der Zeit manifestierende migrationsgesellschaftliche und demokratiepädagogische Themenkomplexe wie bspw. Flucht und Asyl. Die Begriffe und auch die Vorstellungen dazu sind noch andere – die Abkürzung IDA steht anfangs für Informations-, Dokumentations- und Aktionszentrum gegen Ausländerfeindlichkeit für eine multikulturelle Gesellschaft. Der Titel des ersten IDA-Readers aus dem Jahr 1992 fragt: „Multikulturelle Gesellschaft als Lebensform. Wirklichkeit, Zukunftsvision oder Bedrohung?“.
Rassismus wird heute häufiger thematisiert und als solcher benannt als vor 30 Jahren und der Begriff hat sich bis hinein in staatliche Stellen punktuell etabliert. Die rassismuskritische Analyse ist zunehmend differenzierter geworden. Viele Institutionen und Organisationen arbeiten an ihrer interkulturellen oder rassismuskritischen Öffnung. Selbstorganisationen haben dazu beigetragen, dass Minderheiten und Communitys sichtbarer und hörbarer geworden sind.
Diese positiven Entwicklungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin (lebens-)gefährlich ist, als Schwarze:r, Person of Color, migrantisierte Person, Jüdin:Jude, Muslim:in, Rom:ni oder Sinto:izza in Deutschland zu leben. Sie haben nicht verhindern können, dass sich rechtsextreme Übergriffe bis hin zu Rechtsterrorismus regelmäßig wiederholen und dass vor allem rassistisch oder antisemitisch diskreditierbare Menschen die Angegriffenen sind. Sie haben nicht verhindern können, dass der Holocaust relativiert wird und Menschen ihre Rassismuserfahrungen aberkannt werden. Und sie haben nicht verhindern können, dass Menschen durch Racial Profiling willkürlich kontrolliert werden. Dass Rassismus also auch auf der einen oder anderen institutionellen Ebene nicht mehr als Tabuwort gilt, heißt noch nicht, dass aktiv gegen Rassismus vorgegangen wird, dass Mitarbeitende vor Rassismus geschützt werden und dass eigene Rassismen eingestanden und reflektiert werden.
Die Diskussion über die Themen des IDA polarisiert in der gesellschaftlichen Arena und in den sozialen Netzwerken: Wer gegen antimuslimischen Rassismus arbeitet, wird nicht nur kritisiert, sondern beschimpft oder angegriffen. Wer Antisemitismus benennt, wird verächtlich gemacht oder ignoriert. Wer Gadjé-Rassismus thematisiert, dem wird mit noch mehr Vorurteilen und Stereotypen gegenüber Sint:izze und Rom:nja begegnet. Die Abwehrhaltungen und -strategien sind durch die Digitalisierung und die Möglichkeiten der Anonymität in sozialen Medien gewaltvoller geworden: Hate Speech bringt Menschen zum Schweigen, verletzt sie und macht sie unsichtbar.
Mit Blick auf die gegenwärtige Reihe rechtsextremer Anschläge in der Bundesrepublik stellt sich auch fast zehn Jahre nach der Enttarnung des NSU die Frage, wie blind staatliche Behörden auf dem rechten Auge sind, gerade wenn es um Verbindungslinien von Rechtsextremismus mit den in der ganzen Gesellschaft vorherrschenden Rassismen oder antisemitischen Einstellungen geht. Auch in Zeiten von Corona wird versucht, die Stimmen derjenigen zu verdrängen, die Rassismus und Antisemitismus erleben und kritisieren, die sich dagegen engagieren und die die neuen und alten Gesichter von Diskriminierung sichtbar und hörbar machen. Die Frage der Wirksamkeit und Grenzen von Rechtsextremismus-Prävention und Rassismuskritik steht also weiterhin im Raum.
Wir möchten die Tagung dazu nutzen, neue Anregungen und Ideen zur zukünftigen Gestaltung rassismuskritischer Bildungsarbeit und des andauernden Engagements gegen Rechtsextremismus zu gewinnen. Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem, was erreicht wurde und wo rassistische Verhältnisse andauern, soll dabei nicht zu Resignation führen, denn jede Erkenntnis hilft, den nächsten Schritt anders zu gestalten, andere Akteur:innen einzubeziehen und neue Bündnispartner:innen zu gewinnen.
Auf der IDA-Jubiläumstagung wollen wir aus verschiedenen Perspektiven zurück- und nach vorne blicken. Wir möchten zu einer Reflexion der jugendverbandlichen Praxis anregen, wir wollen Überholtes über den Haufen werfen und über neue Wege nachdenken. Wir wollen aber auch feiern, weil IDA sich in den letzten 30 Jahren weiterentwickelt hat und ein wichtiger Ort geworden ist, um Menschen, die sich mit Rechtsextremismus, Rassismus und Migration auseinandersetzen, zusammenzubringen und zu unterstützen.
Aufgrund der COVID‐19‐Pandemie finden die Fach‐ und Jubiläumstagung sowie der Festakt dezentral als digitale Veranstaltung statt. Die Vorträge auf der Tagung dauern ca. 30 Minuten, danach ist Gelegenheit für Rückfragen und Diskussionsbeiträge via Chat oder durch Zuschalten von Teilnehmenden.
Organisatorisches auf einen Blick:
Termin:
Freitag, 13. November – Samstag, 14. November 2020
Ort:
Online via Zoom
Die Anmeldung zum Festakt erfolgt separat unter folgendem Link: https://www.idaev.de/aktuelles/veranstaltungen/anmeldung/digitaler-festakt-mit-interaktivem-forumtheater-zum-30-jaehrigen-jubilaeum-des-ida-e-v
Die Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich. Angemeldete Teilnehmende erhalten rechtzeitig den Online‐Zugang.
Die Teilnahme ist kostenlos - die Verpflegung enfällt. Die Fragen hierzu sind beim Anmeldeprozess nicht zu berücksichtigen.
Weitere Informationen unter:
Email: info(at)idaev.de
Tel: 02 11 / 15 92 55 5
Wir legen sehr viel Wert auf ein respektvolles Miteinander. In diesem Sinne behalten wir uns vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antise‐ mitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.