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Glossar Detailansicht

Migrationshintergrund

Nachdem die Unterscheidung zwischen „Ausländer:innen“ und „Deutschen“ als unzureichend für die Beschreibung migrationsbedingter Diversität in der Bundesrepublik wahrgenommen worden ist, ist mit dem Mikrozensusgesetz von 2004 der Begriff des „Migrationshintergrundes“ eingeführt worden. Das für die Durchführung des Mikrozensus zuständige Statistische Bundesamt erhob regelmäßig, wer in Deutschland einen Migrationshintergrund hat, und definierte: „Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“. Hieran erhob sich Kritik, da die Bezeichnung „Migrationshintergrund” von Betroffenen vielfach als diskriminierend empfunden wurde, zumal die Begriffsverwendung im gesellschaftlichen Diskurs und in den Medien häufig negativ konnotiert ist. Seit 2023 wurden die Auswertungen aus dem Mikrozensus daher auf das Konzept der Einwanderungsgeschichte umgestellt. Als Personen mit Einwanderungsgeschichte gelten seitdem statistisch „Eingewanderte (erste Generation) und ihre direkten Nachkommen (zweite Generation)”. Die Gegenkategorie umfasst somit Personen „ohne Einwanderungsgeschichte“.

Beide Begriffe ziehen also unabhängig von der Staatsbürgerschaft der Betroffenen auch eine Grenze zwischen „normalen“ und „nicht normalen“ Deutschen. Mit anderen Worten bezieht er sich auf eine Norm, nämlich nicht migriert zu sein, und ermöglicht es, diejenigen zu markieren, die von dieser Norm abweichen. Nach der Einführung auf institutioneller Ebene hat sich der Begriff auch im alltäglichen Sprachgebrauch durchgesetzt, wenn deutlich gemacht werden soll, dass jemand vielleicht kein:e „Ausländer:in“ im staatsbürgerlichen Sinn ist, aber doch von einer vermeintlichen Norm des „Deutschen“ abweicht. Auch Deutsche können also mit einem Migrationshintergrund betitelt werden, selbst wenn ihre Familie seit vielen Generationen in Deutschland lebt. D.h. Es spielen auch rassistische Vorannahmen aufgrund des Aussehens eine Rolle, die zu einem Othering Anlass geben. 

Um Repräsentationsverhältnisse und rassistische Strukturen (bspw. in Führungspositionen oder in staatlichen Behörden) zu beschreiben, ist das Konzept ebenfalls nicht hilfreich, da potenzielle Betroffenheit von Rassismus sich nicht mit einem „Migrationshintergrund“ oder einer „Einwanderungsgeschichte“ deckt (bspw. gibt es Schwarze oder muslimische Deutsche, die der Definition zufolge keinen „Migrationshintergrund“ oder „Einwanderungsgeschichte“ haben). Deswegen werden Forderungen laut, statt des „Migrationshintergrundes“ die Diskriminierungserfahrungen von Menschen zu messen.

Siehe auch Neorassismus