Antiziganismus wird verstanden als strukturelle Diskriminierung und als spezifische Form von Rassismus gegenüber Menschen, die als „Zi.“ stigmatisiert werden. Wie bei anderen Rassismen liegen die Ursachen für Antiziganismus in der Verfasstheit der modernen Gesellschaft (Weitere Infos zum Inhalt dieses Begriffs bietet der Eintrag zu Gadjé-Rassismus). Gegenüber Begriffsalternativen wie Antiromaismus, Romaphobie (siehe auch Xenophobie) oder Rassismus gegenüber Sinti:zze und Rom:nja hat Antiziganismus verschiedene Vorteile. So macht er u.a. präziser als jene Begriffe deutlich, dass die Betroffenengruppe nicht natürlich gegeben ist, sondern sie erst durch Diskriminierung sozial hergestellt wird. Zudem macht der Begriff deutlich, dass die Diskriminierung antiziganistischen Bildern entspringt, die nichts über reale Menschen aussagen, diese aber treffen.
Nach ersten Verwendungen in den späten 1920er und 1930er Jahren in der damaligen Sowjetunion nutzte zuerst das rassistische Forschungsprojekt „Tsiganologie“ der Universität Gießen den Begriff. Das Projekt rechtfertigte den Völkermord an den europäischen Rom:nja und Sinti:zze (Porajmos) während des Nationalsozialismus mit antiziganistischen Stereotypen. In Abgrenzung zu dieser rassistischen Begriffsvariante haben Wissenschaftler:innen und Selbstorganisationen einen rassismuskritischen Antiziganismus-Begriff entwickelt. Durch den Kampf der Bürger:innenrechtsbewegung für mehr Aufmerksamkeit für das Phänomen gilt der Begriff inzwischen in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit als weitgehend etabliert und wird auch vom Zentraltrat deutscher Sinti und Roma offiziell verwendet. Seine Etablierung ging einher mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für den Völkermord an den europäischen Sinti:zze und Rom:nja während des Nationalsozialismus, für die lange ignorierten Ansprüche der Überlebenden und für den nach dem Nationalsozialismus weiter in der Bundesrepublik vorherrschenden Antiziganismus.
Trotz seiner Leistungen und weiten Verbreitung bemängeln einige Romani-Wissenschaftler:innen und -Aktivist:innen, dass sich in dem Begriff Antiziganismus die diskriminierende Fremdbezeichnung wiederhole. Dies könne dazu führen, dass diese Fremdbezeichnung an neuer Legitimität gewinne und sich wieder stärker verbreite, obwohl sie vom weit überwiegenden Teil der Betroffenen als Selbstbezeichnung abgelehnt werde. Dies könne zur Reproduktion rassistischer Zuschreibungen und zu neuen Verletzungen führen. Denn die Fremdbezeichnung ist aufs engste mit abwertenden Stereotypen, Ablehnungen, Verfolgungen und Vernichtung verknüpft, die die Betroffenen auch heute noch erleben (Aus diesem Grund wird die Fremdbezeichnung in diesem Glossar nur durchgestrichen oder in abgekürzter Form und in Anführungszeichen verwendet.). Darüber hinaus, so wird kritisiert, ist der Begriff Antiziganismus stark mit der Diskurshoheit weißer Wissenschaftler:innen verbunden.