Sinti:zze und Rom:nja (oder im generischen Maskulinum Sinti und Roma) ist die kollektive Selbstbezeichnung einer wenige Hunderttausend Mitglieder umfassenden und stark ausdifferenzierten Minderheit in Deutschland. Sie ist seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in Europa beheimatet und neben Dän:innen, Sorb:innen und Fries:innen in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt. Sinti ist als Selbstbezeichnung der deutschsprachigen Minderheit erstmals Ende des 18. Jahrhunderts belegt (Einzahl, männlich: Sinto; Einzahl, weiblich: Sintez(z)a oder Sintiz(z)a; Mehrzahl, weiblich: Sintez(z)e oder Sinti(z)ze). Seit dem ersten Internationalen Romani Kongress im Jahr 1971 ist Roma (Mehrzahl, männlich; Einzahl, männlich: Rom; Einzahl, weiblich: Romni; Mehrzahl, weiblich: Romnja) die offizielle internationale Selbstbezeichnung. Sie umfasst zahlreiche Romani-Gruppen und wird daher – wie auch die Bezeichnung Sinti:zze und Rom:nja – auch von einigen abgelehnt, die stattdessen den eigenen Gruppennamen bevorzugen, wie z.B. Lowara, Lalleri oder Kalderasch. In Deutschland verweist sie außerdem auf Rom:nja südosteuropäischer Herkunft. Sinti:zze und Rom:nja sind vielfacher Diskriminierung ausgesetzt, für die unterschiedliche Begriffe Verwendung finden (Antiromaismus, Antiziganismus/ Gadjé-Rassismus, Rassismus gegen Sinti:zze und Rom:nja, Romaphobie).
Die geschlechtergerechte Schreibweise Sinti:zze und Rom:nja ist Anfang der 2010er Jahre in den (queer)feministischen Selbstorganisationen IniRomnja und RomaniPhen entstanden, um Frauen und alle anderen Geschlechter inner- und außerhalb der Communitys sprachlich sichtbar zu machen. Inzwischen ist die Schreibweise Sinti:zze und Rom:nja in Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Aktivismus weit verbreitet. Auch die „Unabhängige Expert:innenkommission Antiziganismus” hat in ihrem Bericht 2021 diese Schreibweise gewählt. Zahlreiche andere Selbstorganisationen - allen voran der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma - haben jedoch 2024 eine Stellungnahme beschlossen, in der sie sich gegen die Schreibweise Sinti:zze und Rom:nja aussprechen. Diese sei dem Romanes der deutschen Sinti:zze fremd, werde von der überwiegenden Mehrheit der Betroffenen abgelehnt und stelle eine Geste der Dominanz dar, wenn sie von Gadjé verwendet werde. So wirke sie als neue Fremdbezeichnung. Zudem könne eine kleine Gruppe nicht für die gesamte Minderheit sprechen. Der Zentralrat empfiehlt daher, weiterhin Sinti und Roma als kollektive Bezeichnung zu nutzen oder das Gendersternchen an die Bezeichnung Sinti und Roma anzuhängen, also Sinti* und Roma* zu schreiben. Dem wird von queerfeministischen Sinti:zze und Rom:nja entgegengehalten, dass der Begriff aufgrund seiner Entstehungsgeschichte keinesfalls von außen aufgezwungen sei. Widerstand gegen geschlechtergerechte Sprache sei überall verbreitet, so auch in Communitys von Sinti:zze und Rom:nja - wobei zu berücksichtigen sei, dass die Ablehnung des Genderns vor dem historischen Hintergrund des NS-Völkermordes (Porajmos) auch als Teil eines Überlebenskampfes um die eigene Identität wahrgenommen werde. In diesem Spektrum steht der Wunsch im Vordergrund, dass sich Angehörige der Dominanzgesellschaft beim Streben nach Sichtbarkeit und Anerkennung von Queerness innerhalb der Communitys solidarisieren und Verantwortung übernehmen, anstatt darauf zu warten, gesagt zu bekommen, was „richtig” sei. Gleichzeitig scheint Einigkeit darin zu bestehen, dass diese Debatte nicht das Ansprechen des weiterhin bestehenden alltäglichen und strukturellen Antiziganismus/Gadjé-Rassismus in den Hintergrund drängen dürfe. Möglicherweise ist das Verwenden der gegenderten Schreibweise durch Gadjé beides gleichzeitig - Dominanz und Solidarisierung: Das Einsetzen von Macht und Dominanz, um sich mit vulnerablen Personen innerhalb der Communitys zu solidarisieren (Powersharing).
Die stigmatisierendeFremdbezeichnung als „Zi.“ wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie der weit überwiegenden Mehrheit der Betroffenen als diskriminierend abgelehnt, auch wenn sie von einigen Rom:nja zur individuellen und kollektiven Eigenbezeichnung verwendet wird. Doch selbst die Verwendung der kollektiven Selbstbezeichnung kann stigmatisierenden Charakter annehmen.
Siehe auch Heimat, Identität (individuelle) und Identität (kollektive)