Anti-Indigener Rassismus bezeichnet die koloniale Gewalt und die rassistische Diskriminierung gegen Indigene Menschen. Die vielen weltweit lebenden Indigenen Völker und Gemeinschaften machen seit dem Kolonialismus und bis heute Erfahrungen von Zwangsvertreibung und -umsiedlung, Völkermord, Kindesentzug, Assimilation, Überausbeutung und Marginalisierung. Im deutschsprachigen Kontext wird mit dem Begriff anti-Indigener Rassismus der Rassismus gegen Angehörige Indigener Bevölkerungsgruppen ehemals kolonisierter Länder und Kontinente beschrieben. Von einem Rassismus gegen nicht existente „indigene Deutsche” zu sprechen, ist daher unpassend (siehe Deutschenfeindlichkeit).
Ein häufiges Beispiel für anti-Indigenen Rassismus und das Othering von Indigenen Menschen ist das gesellschaftliche Stereotyp von Native Americans. Sie werden häufig mit der rassistischen Fremdbezeichnung(I-Wort) benannt und im Kontext von Abenteuergeschichten, Filmen und Kostümierungen (siehe Yellowfacing/Yellowface) als „edle Wilde“ oder als „unzivilisiert” dargestellt und Eigenschaften wie Naturverbundenheit auf sie projiziert. Diese rassistische Darstellung von Native Americans hat eine lange Geschichte in Deutschland (z.B. Karl-May-Kult), in der u.a. nationalsozialistische Propaganda eine Rolle spielte. Bei den Darstellungen handelt es sich um reine Fantasiegebilde, die anti-Indigen rassistische Stereotype stärken und weitergeben. So werden Indigene Menschen nicht als reale von Rassismus betroffene Personen wahrgenommen, ihre Gewalterfahrungen verharmlost und die Marginalisierung Indigener Menschen und Gruppen befördert.
Ein weiterer Bereich, in dem in der deutschen Öffentlichkeit anti-Indigene stereotype Darstellungen vorkommen, ist die Werbung für Spendenprojekte durch sogenannte Hilfswerke. Bei den dargestellten Personen handelt es sich dabei häufig um Angehörige Indigener Völker aus Mittel- und Südamerika und Afrika. International gibt es viele weitere Erscheinungsformen von anti-Indigenem Rassismus, die sehr unterschiedlich sind je nach geografischem Kontext und Kolonialgeschichte.
Indigene Gruppen und Aktivist:innen setzen sich weltweit gegen anti-Indigenen Rassismus und für die Menschenrechte Indigener und ihre politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe ein. Ein wichtiger Schritt dafür ist die 2007 gefasste UN-Erklärung über die Rechte der Indigenen Völker. In ihr wird festgehalten, dass Indigene Völker und Gemeinschaften historischen Ungerechtigkeiten und kolonialer Gewalt ausgesetzt waren und weiterhin sind sowie in ihren Menschenrechten eingeschränkt werden. Die Resolution hält u.a. fest, dass Indigene Menschen ein Recht auf Selbstbestimmung und Entschädigung haben und nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit diskriminiert werden dürfen. Weiterhin sollen Staaten die in ihren Gebieten lebenden Indigenen Völker in Entscheidungsprozesse einbinden und politische Teilhabe ermöglichen. Dies ist meist nicht oder nur eingeschränkt der Fall und damit ein Beispiel für die institutionelle Dimension von Anti-Indigenem Rassismus.