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Glossar

Im Glossar erläutert IDA zentrale Begriffe aus seinen Arbeitsbereichen kurz und verständlich. Das Glossar wird kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Sie vermissen einen Begriff? Schreiben Sie uns einfach an Info(at)IDAeV.de.

Orientalismus

Der US-amerikanische Literaturtheoretiker Edward William Said kritisierte in seinem 1978 veröffentlichten Buch Orientalismus und prägte damit zugleich diesen Begriff. Er steht für gängige Stereotypen des Orients, die damit einhergehende Exotisierung und die damit verbundene Konstruktion einer Welt des „Anderen“. Unter diesem verstand Said eine Sammelbezeichnung für alle Orientwissenschaften. Heute fallen unter den Begriff Orientalismus eine dualistische Denkweise, die strikt zwischen Okzident und Orient unterscheidet; und eine Begeisterung für „den Orient“ (inkl. seiner Exotisierung und Kulturalisierung) als Begleiterscheinung des europäischen Kolonialismus

Der Orient wird auch als Morgenland bezeichnet, da es aus (west)europäischer Sicht in Richtung des Sonnenaufgangs (gen Morgen) liegt. Der Begriff wird häufig nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell und religiös als Gegenbegriff zum Abendland verwendet, mit dem vor allem Westeuropa gefasst wird. Der Begriff Abendland stand im Kalten Krieg auch für die westliche Welt und wird von der extremen Rechten auch als aggressive Abgrenzung gegenüber dem Islam verwendet. 

Die häufig implizit verwendete Gleichsetzung des Morgenlands mit dem Islam oder muslimisch geprägten Ländern blendet nicht nur Christ:innen und Juden:Jüdinnen in dieser Weltregion aus, sondern trägt häufig mit dem damit konnotierten oder bewusst transportierten Eindruck der Rückständigkeit auch zu einer Ausblendung arabischer wissenschaftlicher Errungenschaften und Erkenntnisse vom frühen Mittelalter bis heute und von anderen Entwicklungsimpulsen bei.

Saids Arbeit wurde im Konzept des Postkolonialismus aufgegriffen und trug dazu bei aufzuzeigen, dass auch das Verhältnis (ehemaliger) europäischer Kolonialmächte über die eigenen Kolonien hinaus und beispielsweise auch in Bezug auf die Länder des Balkans oder auf China von kolonialistischen Perspektiven oder Vorannahmen geprägt ist. 

Siehe auch Antiasiatischer Rassismus, Antimuslimischer Rassismus, Hybride Identität und Othering

Othering

Basierend auf „Wir“-„Ihr“-Konstruktionen wird das „Ihr“ zum:zur vermeintlich gänzlich Anderen, der:die im Gegensatz zum „Wir“ als weniger emanzipiert, aufgeklärt, tolerant, demokratisch, gebildet etc. gedacht wird. Es werden elementare Verschiedenheiten konstruiert, die hierarchisierend – ob offen negativ oder in exotisierender Weise scheinbar positiv – bewertet und betont werden. Wenn das Gegenüber durch die ständige Konfrontation mit den Zuschreibungen nach und nach diese unbewusst übernimmt, ist sie oder er tatsächlich zum vermeintlich Anderen geworden, er oder sie hat sich dem Bild vom Anderen angeglichen (siehe Doppeltes Bewusstsein und Verinnerlichung). Migrierte beispielsweise, deren bilinguale Kompetenzen offen gering geschätzt werden, werden nach und nach ihr Augenmerk auch selbst auf ihre Defizite im Deutschen legen und es deswegen womöglich weniger sprechen, wodurch sie schließlich das Vorurteil bekräftigen und so unbewusst den Prozess des Othering (dt. z.B. (Ver)Anderung, Fremdmachen, Andersmachen) bestätigen.

Siehe auch Rassifizierung und Rassismus