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Glossar

Im Glossar erläutert IDA zentrale Begriffe aus seinen Arbeitsbereichen kurz und verständlich. Das Glossar wird kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Sie vermissen einen Begriff? Schreiben Sie uns einfach an Info(at)IDAeV.de.

Race

In akademischen und aktivistischen Debatten über Rassismus in Deutschland wird häufig der aus dem Englischen übernommene Begriff race verwendet, um das Wort „Rasse“ zu vermeiden. Dies wird damit begründet, dass race eher als das deutsche Pendant verdeutliche, dass es sich um ein soziales Konstrukt handle, das erst durch rassistische gesellschaftliche Verhältnisse erzeugt werde. Der deutsche Begriff sei hingegen stark biologistisch konnotiert und halte eine gewaltvolle Geschichte präsent.

Demgegenüber argumentiert z.B. der deutsche Sozialphilosoph Daniel James auf der Basis empirischer Daten, dass der englische Begriff sogar stärker biologistisch konnotiert sei als der deutsche. Daher sei fraglich, ob es sich bei race und „Rasse“ um unterschiedliche Begriffe handle. Auf dieser Basis schlägt er drei kontextabhängige Umgangsweisen vor. Erstens könne der Begriff „rassifizierte Gruppe“ als Neuschöpfung verwendet werden. Dies eigne sich gut für die sozialwissenschaftliche Forschung. Zweitens könne von race gesprochen werden, wenn unerwünschte Wortwirkungen vermieden werden sollen. Eine dritte Möglichkeit bestehe darin, sich die unangenehmen Wirkungen des Begriffs „Rasse“ gezielt zunutze zu machen, um in Debatten zu intervenieren, in denen Beschönigungen wie „Kultur“ oder „Ethnie“ nur als sprachlicher Ersatz für „Rasse“ fungieren.

Race-related Stress

Racial Capitalism

Der Begriff Racial Capitalism bedeutet auf Deutsch so viel wie rassifizierterKapitalismus. Er wurde 1983 durch den US-amerikanischen Politikwissenschaftler Cedric D. Robinson in seinem Buch Black Marxism geprägt. Erst nach der Neuveröffentlichung des Buches im Jahr 2000 wurde er in einer breiteren aktivistischen und akademischen Öffentlichkeit wahrgenommen. Robinsons These lautete, dass der Kapitalismus nicht in einem revolutionären Bruch mit der Feudal- und Ständegesellschaft des Mittelalters (bis etwa 15. Jh.) und der Frühen Neuzeit (ab etwa 15. Jh.) entstanden ist. Vielmehr entwickelte er sich aus dieser Gesellschaft heraus und knüpfte an bestimmte Praktiken und Ideen an, die vorher schon innerhalb Europas verbreitet waren: Versklavung; hierarchische soziale Ordnungen, die nach Kriterien wie Stand und ethnischer Herkunft geschichtet gewesen seien und mittels biologisierender Mythen gerechtfertigt worden seien; innereuropäische Kolonisierung; und die Verdrängung des Wissens über den prägenden Einfluss Afrikas und des Islams für die Entwicklung Europas.

Unter diesen Bedingungen, so Robinson, lag es nahe, die Versklavung Schwarzer und Indigener Menschen in den Amerikas zur Gewinnerwirtschaftung und Kapitalanhäufung durch rassistische Ideen zu rechtfertigen. Der Begriff Racial Capitalism verweist deshalb darauf, dass Rassismus und Kapitalismus untrennbar miteinander verbunden seien, dass beide konstitutiv füreinander gewesen und dies auch in Gegenwart und Zukunft seien. Racial Capitalism ist somit keine Bezeichnung für eine Variante des Kapitalismus. Vielmehr betont der Begriff, dass Kapitalismus nicht als abstraktes System existiere, sondern in seinen konkreten, empirisch vorfindbaren Ausformungen immer ein Racial Capitalism sei.

Siehe auch Ethnie

Racial Profiling

Racial Profiling meint das Vorgehen der Polizei oder anderer Ordnungsbehörden, bei dem vorrangig BIPoC* kontrolliert werden, ohne dass es konkrete Beweise oder Verdachtsmomente gäbe, die diese Kontrollen rechtfertigen würden. Diese Praxis ist zwar in Deutschland verboten und wird seitens der Regierung dementiert, findet aber trotzdem immer wieder statt, etwa in Grenznähe, wenn nach illegalisierten Menschen gesucht wird. Dahinter steckt die rassistische, durch das Erfahrungswissen der betreffenden Institution und gesellschaftliche Stereotype scheinbar gerechtfertigte Annahme, dass BIPoC* Menschen eher zu Kriminalität neigen würden bzw. nicht dazu berechtigt seien, sich an öffentlichen Orten aufzuhalten und frei zu bewegen. Bei Kontrollen in Grenznähe wird zudem impliziert, BIPoC* könnten keine deutschen Staatsbürger:innen sein. Bei den Betroffenen entsteht so ein Gefühl des Ausschlusses und der Nicht-Zugehörigkeit. Das Vertrauen in staatliche Institutionen wird geschwächt, da der Eindruck entsteht, die Polizei existiere vorrangig zum Schutz weißer Menschen und zur Kontrolle und Machtausübung über nicht-weiße Menschen.

Siehe auch Ethnisierung, Institutioneller Rassismus und Rassifizierung

Rasse

Der Begriff „Rasse“ ist in Bezug auf Menschen wissenschaftlich unhaltbar und obsolet. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg für die Existenz unterschiedlicher menschlicher „Rassen“. Im Gegenteil, Studien haben gezeigt, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer sogenannten „Rasse“ größer sind als die zwischen zwei als „Rassen“ konstruierten Gruppen. Der Glaube an die Existenz von „Rassen“ ist vielmehr ein Produkt des Rassismus, nicht umgekehrt. Diese Praxis der Rassifizierung, also der Herstellung von „Rassen”, dient dazu, soziale Unterschiede zu rechtfertigen.

Trotz der wissenschaftlichen Widerlegung des Rassebegriffs findet mensch ihn immer noch in verschiedenen Kontexten, wie etwa in Gesetzestexten. Ein Beispiel ist das Grundgesetz, das formuliert, dass niemand „wegen seiner Rasse“ benachteiligt werden darf. Im Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz wurde jedoch bewusst die Formulierung „aufgrund der Rasse“ gewählt, um klarzustellen, dass nicht das Gesetz von der Existenz verschiedener „Rassen“ ausgeht, sondern dass es sich auf die rassistischen Annahmen und Diskriminierungen bezieht, die von Einzelnen oder Institutionen vorgenommen werden. Als Alternativen werden die Formulierungen „rassistischer Zuschreibung“ oder „rassistischer Diskriminierung“ vorgeschlagen, die darauf abzielen, den Konstruktionscharakter und die soziale Funktion von „Rasse“ zu verdeutlichen.

In heutigen akademischen und aktivistischen Debatten über Rassismus wird oft der aus dem Englischen übernommene Begriff race verwendet, um den konstruierten Charakter von „Rasse“ zu betonen. Auch die Bezeichnung „rassifizierte Gruppe“ oder ähnliche Begriffe werden benutzt, um zu zeigen, dass es sich bei „Rasse“ nicht um eine biologische oder naturgegebene Kategorie handelt, sondern um eine gesellschaftliche Konstruktion, die dazu dient, soziale Hierarchien zu schaffen und zu erhalten. Trotz der Unhaltbarkeit des Begriffs sind Vorstellungen von „Rassen“ in vielen gesellschaftlichen Diskursen und Institutionen immer noch präsent. Aufgrund dessen kann in der Auseinandersetzung mit Rassismus die Nutzung des Begriffes nicht vollkommen vermieden werden; die Durchstreichung („Rasse”) macht die Ablehnung der Reproduktion darin deutlich. 

Siehe auch Antidiskriminierung, Biologismus/Biologisierung und Neorassismus

Rassifizierung

Rassifizierung – auch als Rassialisierung oder Rassisierung bezeichnet – beschreibt den Prozess, durch den rassistisches Wissen entsteht, und die Art, wie dieses Wissen strukturiert ist. Rassifizierung umfasst mehrere Schritte. Es geht darum, wie Menschen in scheinbar natürliche Gruppen eingeteilt - also kategorisiert werden -, mit Stereotypen belegt (Stereotypisierung) und als unterschiedlich wertvoll bewertet - also hierarchisiert - werden.

Es wurden und werden unterschiedliche Merkmale verwendet, um Menschen in scheinbar natürliche Gruppen zu kategorisieren, z.B. körperliche Merkmale wie Hautton oder Schädelform, soziale Merkmale wie Kleidung, aber auch symbolische oder geistige Merkmale wie Einstellungen, kulturelle Praktiken und Weltanschauungen. In manchen Fällen werden sogar imaginäre Eigenschaften wie angebliche magische Fähigkeiten zugeschrieben. Aufgrund der ausgewählten Merkmale erscheinen die so hergestellten Gruppen als natürlich vorhandene Einheiten, die sich durch Fortpflanzung erneuern. Im zweiten Schritt werden diesen Gruppen bestimmte stereotype Eigenschaften zugeschrieben. Die Stereotypisierung dient nicht nur dazu, das Wesen der konstruierten „Die”-Gruppen zu definieren, (Othering) sondern gleichzeitig auch dazu, das vermeintliche Wesen der dominanten Gruppe zu bestimmen (Essentialisierung). Diese wird damit zum stillschweigend vorausgesetzten Maßstab (siehe Critical Whiteness).

Rassifizierung ist rassistisch, da der Prozess der Rassifizierung immer eine Hierarchie schafft. Die Merkmale, die zur Unterscheidung der Gruppen verwendet werden, sowie die Eigenschaften, die ihnen zugeschrieben werden, enthalten bereits eine Bewertung der rassifizierten Gruppen. Denn die Wahl der Merkmale und der Maßstäbe, mit denen die rassifizierten Gruppen verglichen werden – zum Beispiel anhand von Schönheitsidealen oder ihrer „Entwicklung” in Bezug auf den Kapitalismus –, ist selbst schon ein Ausdruck von Macht. Denn das erzeugte Wissen dient einerseits dazu, rassistische Handlungen und Ungleichheit zu rechtfertigen. Andererseits kann es vordergründig als neutrale Beschreibung der Wirklichkeit dargestellt werden (Naturalisierung). So entsteht der Schein, es sei objektiv.

Siehe auch Biologisierung, Dominanz, Kulturalisierung und Neorassismus

Rassismus

Rassismus ist der Prozess, in dem Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher körperlicher oder kultureller Merkmale (z.B. Hautton, Herkunft, Sprache, Religion) als homogene Gruppen konstruiert, hierarchisierend bewertet und ausgegrenzt werden. Der klassische Rassismus behauptet eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschengruppen auf Grundlage angeblich kollektiver biologischer Unterschiede (siehe Biologismus und „Rasse“). Im Neorassismus (auch als kulturalistischer oder kultureller Rassismus) wird die Ungleichheit und Ungleichwertigkeit mit angeblichen Unterschieden zwischen homogen gedachten „Kulturen“ zu begründen versucht. Rassismus ist die Summe aller Verhaltensweisen, Gesetze, Bestimmungen und Anschauungen, die den Prozess der Kategorisierung, Stereotypisierung, Hierarchisierung und Ausgrenzung unterstützen. Sie beruhen auf ungleichen Machverhältnissen.

Siehe auch Antiasiatischer Rassismus, Anti-Indigener Rassismus, Antimuslimischer Rassismus, Anti-Schwarzer Rassismus, Antislawischer Rassismus, Gesellschaftlich-kultureller Rassismus, Institutioneller Rassismus, Interaktionaler Rassismus, Othering, Rassifizierung, Rassismuskritik und Struktureller Rassismus

Rassismuskritik

Rassismuskritik geht von der Annahme aus, dass Rassismus eine gesellschaftliche Normalität darstellt, insofern alle Menschen durch rassistische Kategorisierungen, Zuschreibungen und Diskriminierungen in unserer Gesellschaft positioniert werden (siehe Critical Whiteness). Ein Handeln ist also nur innerhalb dieser Verhältnisse möglich. Daher können nur im Rahmen dieser Verhältnisse Rassismus bekämpft, Zugehörigkeitsordnungen verschoben und rassistische Diskriminierungen abgebaut werden. Dabei ist die Positionierung der Akteur:innen zu berücksichtigen, um nicht erneut rassistische Strukturen der Über- und Unterordnung zu stützen (siehe Solidarität, Empowerment und Powersharing). Insofern ist Rassismuskritik eine (selbst)reflexive, theoriegebundene, widersprüchliche und prinzipiell nicht abschließbare Praxis. Dadurch setzt sich Rassismuskritik ausdrücklich von Haltungen und Handlungsformen ab, die auf der Annahme beruhen, es reiche aus, für Gleichheit und gegen Rassismus einzutreten, um nicht rassistisch zu sein (siehe Antirassismus). Diese Haltungen und Handlungsformen blenden rassistische Strukturen aus und sind daher auch unaufmerksam für die Folgen der eigenen Praxis.

Siehe auch Antisemitismuskritik, Farbenignoranz und Sekundärer Rassismus

Rassismuskritische Öffnung

Rassismuskritische Öffnung, auch genannt RKÖ, beschreibt Organisationsentwicklungsprozesse, die gezielte Veränderungen aus einer Haltung der Rassismuskritik in den Mittelpunkt stellen, anders als das ältere Konzept der Interkulturellen Öffnung. Im Rahmen von rassismuskritischen Öffnungsprozessen verändern Organisationen sich mit den Zielen, die Auseinandersetzung mit Rassismus (und teilweise auch Antisemitismus) zum Querschnittsthema zu machen, indem Rassismus thematisiert und in der Arbeit mitgedacht werden. Dadurch sollen für alle Menschen gleiche Zugänge und Teilhabe geschaffen werden, damit sie selbstverständlicher Teil einer Organisation oder ihrer Zielgruppe sind und sich willkommen, sicher und zugehörig fühlen. RKÖ ist ein fortlaufender Prozess, der eine stetige Weiterentwicklung und Anpassung an sich verändernde gesellschaftliche Realitäten erfordert. Dieser beginnt damit anzuerkennen, dass Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft existieren und dass keine Organisation oder Institution davon eine Ausnahme ist — auch wenn sie sich bereits gegen Rassismus positioniert. Das bedeutet auch anzuerkennen: Rassismus und Antisemitismus gibt es nicht erst, wenn BIPoC* und Juden:Jüdinnen zu einer Organisation oder ihrer Zielgruppe gehören. Gleichzeitig können auch in Organisationen, in denen viele BIPoC* und Juden:Jüdinnen aktiv sind, unterschiedliche Formen von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung vorkommen. 

Siehe auch Antisemitismuskritik

Rassistisches Wissen

Der Begriff rassistisches Wissen wurde durch den Rassismusforscher Mark Terkessidis geprägt. Er bezeichnet den gesellschaftlichen Bestand rassifizierender Kategorisierungen und Stereotypisierungen. Rassistisches Wissen ist also ein Ergebnis von Rassifizierung. Mit dem Begriff soll betont werden, dass Rassismus erstens sowohl in Form ausgearbeiteter wissenschaftlicher Theorien, politischer Ideologien als auch in Form von Alltagswissen vorliegen kann. Zweitens stellen die Inhalte des rassistischen Wissens keine einfachen Realitätsverzerrungen dar, sondern liefern ihren „Benutzer:innen“ Sinnbausteine, mit denen sie die soziale Welt für sich befriedigend erklären können. Drittens betont der Begriff auf dieser Grundlage den Aspekt der sozialen Geteiltheit: Unabhängig davon, ob Personen den Inhalten des rassistischen Wissens zustimmen, wissen sie von ihnen und können auf sie zurückgreifen, um die soziale Welt zu „erklären“ oder Handlungen zu legitimieren. Denn rassistisches Wissen ist Teil des kulturellen Wissensvorrats der deutschen Gesellschaft.

Rechtsextremismus

Eine einheitliche Definition des Rechtsextremismus gibt es nicht, da in großen Teilen der Wissenschaft etwas anderes unter dem Begriff verstanden wird als in der amtlichen Definition der Verfassungsschutz- und Sicherheitsbehörden sowie der diesem Verständnis nahestehenden Extremismustheorie. Darüber hinaus ist umstritten, was die Elemente eines rechtsextremen Weltbilds sind und ab welchem Intensitätsgrad von einem geschlossen rechtsextremen Weltbild gesprochen werden kann. Zumindest darauf, dass eine Ideologie der Ungleichheit bzw. Ungleichwertigkeit fester Bestandteil des Rechtsextremismus ist, können sich die allermeisten Wissenschaftler:innen aber einigen.

Im Zentrum rechtsextremer Ideologie steht der (implizite) Glaube an eine „natürliche” Ordnung. Dementsprechend werden Menschen anhand von konstruierten „Rassen“ oder „Völkern“ in „natürliche“, unabänderliche Kollektive eingeteilt. Durch den Ausschluss all derer, die „von Natur aus“ nicht zum Kollektiv gehören, soll das Ziel erreicht werden, dass diese ethnisch-homogen gedachten Völker in Regionen zusammenleben, die entlang ethnisierter Trennlinien definiert werden (Rassismus, Völkischer Nationalismus).

Neben Rassismus und völkischem Nationalismus wird auch Antisemitismus immer wieder als Kernelement des Rechtsextremismus genannt. Antisemitismus kann die anderen Elemente des Rechtsextremismus in einer umfassenden Welterklärung miteinander verbinden. Er schafft dadurch ein Feindbild, das für die Widersprüche zwischen der realen Welt und der angeblich „natürlichen” Ordnung persönlich verantwortlich und verfolgt werden kann.

Indem rechtsextreme Argumentationen dem Kollektiv eine vorrangige Stellung gegenüber dem Individuum zuschreiben, widersprechen sie den Grundlagen der liberalen Demokratie, die sich ihrerseits am freien, gleichen und selbstbestimmten Individuum orientiert. In der „natürlichen“ Gemeinschaft kommt somit jedem Individuum ein „natürlicher“ Platz zu. Autoritarismus auf individueller und gesellschaftlicher Ebene ist daher ebenfalls ein zentrales Merkmal des Rechtsextremismus.

Inwiefern auch andere Elemente zu zentralen ideologischen Bausteinen des Rechtsextremismus gezählt werden können, wird diskutiert. So fordern Wissenschaftlicher:innen und Praktiker:innen einen geschlechterreflektierten Rechtsextremismus-Begriff ein. Denn aus dem rechtsextremen Glauben an eine „natürliche” Ordnung folgt z.B. auch der Glaube an eine „natürliche” Geschlechterordnung, in der Frauen Männern untergeordnet und für den Erhalt des „Volks” durch Gebären und Kindererziehung zuständig sind. Daher können Antifeminismus und Sexismus logische Bestandteile eines rechtsextremen Weltbildes betrachtet werden. Daneben wird auch diskutiert, inwiefern Verschwörungserzählungen konstitutiv für ein rechtsextremes Weltbild sind.

Siehe auch Extreme Rechte

Rechtspopulismus

Der Rechtspopulismus bildet die derzeit weltweit am häufigsten auftretende Form von Populismus. Wie jeder Populismus zeichnet er sich durch ein dualistisches Weltbild (Freund/Feind; „Elite“/„die da unten“) aus, unterscheidet sich aber beispielsweise vom Linkspopulismus, da er versucht soziale Fragen auf eine rassistische Ebene („wir“/„Fremde“) zu bringen. Die Schuld für gesellschaftliche Krisen suchen Rechtspopulist:innen demnach bei Migrant:innen und Geflüchteten. Ironischerweise behaupten Rechtspopulist:innen von sich demokratieliebend zu sein, lehnen andere politische Meinungen allerdings strikt ab. Da Rechtsextreme sich auf politischer Ebene häufig des Rechtspopulismus bedienen, werden die beiden Begriffe nicht selten zusammen genannt oder synonym verwendet. Typisch für den Rechtspopulismus ist die formale Anerkennung von Demokratie und Menschenwürde, beispielsweise auch der Verfassung oder der Legitimität einer Regierung, bei gleichzeitiger Ablehnung wichtiger demokratischer Werte und Entscheidungen, feindlicher Kommentierung regierender Personen und Parteien oder einer von verschiedenen Dimensionen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit durchzogene Abwertung von verschiedenen Bevölkerungsgruppen. 

In Deutschland ist derzeit die Alternative für Deutschland (AfD) die führende rechtspopulistische Partei - in diesem Kontext wird häufig der Begriff „parteiförmiger Rechtspopulismus” (oder Rechtsextremismus) verwendet. Bemühungen zur Abgrenzung beider Begriffe können zu einer Verharmlosung des Rechtspopulismus beitragen, zumal beide Phänomene gewaltförmige Anteile umfassen können. Das ohnehin umstrittene Extremismusmodell kann zudem keine Grundlage für eine trennscharfe Unterscheidung bieten. In diesem Kontext kann auch die Trennlinie der Anerkennung der Verfassung nicht als Unterscheidungsmerkmal genutzt werden.

Redfacing/Redface

Der Begriff Redfacing bzw. Redface wird verwendet, wenn Personen, die selbst nicht Indigen sind, ihre Haut braun oder rot schminken, um rassistische Stereotype über Native Americans zu reproduzieren (siehe Anti-Indigener Rassismus). Redfacing wird in Film, Fernsehen und Theater praktiziert, aber auch im Zusammenhang mit Kostümen und Darstellungen im Karneval kritisiert. Auch kulturelle Aneignung in Form des Tragens von Kleidung und Schmuck Indigener Völker und Gemeinschaften (oder stereotypisierter Darstellungen davon) kann mit dem Begriff Redface bezeichnet werden (siehe kulturelle Aneignung). 

Üblich war dieses Phänomen besonders in den Hollywood-Western der 1960er Jahre (z.B. The Indian Fighter, The Unforgiven). In diesen spielten nicht-Indigene Schauspieler:innen wie Kirk Douglas oder Audrey Hepburn Indigene Charaktere. Ein weiteres Beispiel ist die frühe Verfilmung der Winnetou-Reihe. Während Native Americans in den USA und First Nations in Kanada die Praxis des Redface heftig kritisieren, trifft Redface in Deutschland noch immer nur selten auf Kritik und tritt besonders während des Karnevals und im Rahmen von Karl May-Festspielen auf. Der Begriff steht in einer Reihe mit den rassistischen Phänomenen Blackfacing/Blackface und Yellowfacing/Yellowface

Repräsentationsverhältnisse

Repräsentationsverhältnisse spiegeln die Positionierung, Sichtbarkeit und Darstellungsweise z.B. von Frauen, BIPoC* oder Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft wider. Sie verdeutlichen, wie Repräsentation stattfindet, wer in der Öffentlichkeit gesehen wird und wer über wen und in welcher Weise im öffentlichen Diskurs spricht, und sind ein Indiz für gesellschaftliche Machtgefüge. Mehrheitsangehörige meinen, die Bedürfnisse und Interessen der jeweils betroffenen Anderen angemessen formulieren und vertreten zu können, übersehen dabei allerdings oft, dass sie von der Lebenswelt des:der Anderen zu wenig verstehen, und dass eigene Interesse in die Vertretungsweise hinein spielen (können). Noch zu selten kommen die Betroffenen selbst zu Wort, um ihre Standpunkte und Interessen zu vertreten. Insofern können Repräsentationsverhältnisse als ein Indiz für Partizipationschancen von Minderheiten interpretiert werden: Je mehr die jeweils betroffene Gruppe für sich selbst zu sprechen in der Lage ist und auch vernommen wird, desto besser ist es um ihre Partizipation bestellt. Allerdings können auch Selbstrepräsentationen mit konstruierten Zuschreibungen und Reduzierung komplexer Lebenswelten einhergehen.

Siehe auch Anerkennung, Dominanz, Empowerment, Gesellschaftlich-kultureller Rassismus und Struktureller Rassismus

Reverse Racism

Roma