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Behindertenfeindlichkeit

Biologisierung

Unter Biologisierung kann analog zur Kulturalisierung die Praxis verstanden werden, die menschliche Biologie und seine natürliche Umwelt als wesentliche, zentrale und determinierende Erklärung für (individuelle) Handlungen, Einstellungen, Verhaltensweisen, Konflikte oder Ausdrucksweisen zu verstehen.

Siehe auch Biologismus und Naturalisierung

Biologismus

Als Biologismus lassen sich biologisierende Denkweisen bezeichnen. Diese versuchen im Kontext von Rassismus entweder mit explizitem Bezug auf „Rasse“ oder auf biologisch definierte funktionale Äquivalente wie „Völker“ Menschen nach biologischen Kriterien in eindeutig abgrenzbare Populationen zu unterteilen und auf dieser Basis soziale Prozesse zu erklären. Charakteristisch sind biologistische Argumentationen bspw. für den „wissenschaftlichen Rassismus“ des 18. Jahrhunderts. Aber auch für alle anderen Formen der Diskriminierung spielen sie eine tragende Rolle, da sie im Zuge der allgemeinen Verwissenschaftlichung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts die Möglichkeit boten und bieten, menschliche Unterschiede und Verhaltensweisen gestützt auf wissenschaftliche Autorität – statt vormals auf religiöse Autorität – mit „der Natur“ des Menschen zu erklären.

Siehe auch Biologisierung und Naturalisierung

BIPoC*

BIPoC* steht für Black, Indigenous, People of Color und ist eine analytische und politische Selbstbezeichnung. Der Asterisk verweist nicht ausschließlich auf die Geschlechtervielfalt von BIPoC*, sondern auch auf jene Menschen mit Rassismuserfahrungen, die sich nicht mit den im Akronym enthaltenen Begriffen identifizieren. Der Begriff gibt Menschen mit Rassismuserfahrungen eine Community und Raum für Aktivismus, Schutz und Empowerment. Gleichzeitig macht er die Vielfältigkeit von Rassismuserfahrungen unterschiedlicher Menschen sichtbar und ermöglicht solidarische Bündnisse über die Grenzen marginalisierter Communitys hinweg.

Siehe auch Afrodeutsch, Colorism, People of Color und Rassismus.

Blackface

Bemalt sich eine weiße Person das Gesicht mit brauner oder schwarzer Farbe oder Schminke, um auf der Bühne eine Schwarze Figur zu spielen, wird von Blackfacing bzw. Blackface gesprochen. Der Begriff Blackfacing (zu Deutsch: sich das Gesicht schwärzen) stammt aus den USA und geht auf die dort weit verbreiteten Minstrel Shows zurück, die in den 1820er Jahren in den Vierteln weißer Arbeiter*innen der Nordstaaten entstanden. In diesen karikierten weiße Schauspieler*innen Sprache, Tanz und Alltag von Afroamerikaner*innen und bemalten dafür einerseits ihr Gesicht mit schwarzer Schuhcreme und andererseits ihre Lippen mit einem knalligen Rot. Diese erste genuin US-amerikanische weiße Kunstform ermöglichte es, den Schauspieler*innen einerseits Kritik am herrschenden weißen Bürgertum zu üben, soziale Konventionen, Rollen und Grenzen zu überschreiten, sich den Anforderungen der beginnenden Industrialisierung anzupassen und neu angekommene Einwanderer*innen z. B. aus Irland, Italien oder Osteuropa in das US-amerikanische Weißsein zu integrieren. Andererseits wurden diese Funktionen nur durch Stereotype und Abwertung erreicht.

Blackface-Performances breiteten sich in den 1850er Jahren im gesamten englischsprachigen Raum und darüber hinaus aus, z. B. nach Kuba und Südafrika. Durch Theater- und Musikensembles mit weißen und Schwarzen Mitgliedern, die durch Europa tourten, gelangten sie u. a. auch nach Deutschland, wo für den Dezember 1878 in Berlin die erste bekannte Blackface-Performance im Rahmen einer Aufführung des Theaterstücks „Onkel Toms Hütte“ nachgewiesen ist. In den 1910er und 1920er Jahren fand Blackface Eingang in den entstehenden deutschen Film und wurde zu einem gängigen Stilmittel. Schwarze Charaktere dienten dabei durchgehend als Projektionsflächen für die weiß-deutsche Dominanzgesellschaft. Während Blackface in den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend unüblich und als rassistisch erkannt wurde, blieb es in deutschen Theatern unhinterfragte Praxis. Erst im Jahr 2011 erreichte die Kritik an Blackface anlässlich einer Aufführung am Deutschen Theater in Berlin und weiteren ähnlichen Auftritten in den folgenden Jahren auch die breitere Öffentlichkeit in Deutschland. 2015 wurde der Begriff zum Anglizismus des Jahres gekürt, weil es bis dahin im Deutschen gar keine Bezeichnung für die rassistische Praxis gab. Seit 2020 geht auch das Soziale Netzwerk Facebook verstärkt gegen Blackface vor und hat entsprechende Fotos auf der Plattform verboten.

Der häufige Hinweis darauf, dass es sich bei Blackface um eine Praxis aus den USA handle, die daher in Deutschland nicht rassistisch sei, geht angesichts der inzwischen langen eigenständigen Tradition von Blackface in Deutschland fehl. Denn Blackface erfüllte auch in Deutschland für die weiß-deutsche Dominanzgesellschaft die Funktion der Projektion, ging (und geht) einher mit dem gleichzeitigen Ausschluss Schwarzer Menschen aus vielen Lebensbereichen und verstärkte die Marginalisierung Schwarzer Schauspieler*innen im Theater, Film und Fernsehen. Zudem ignoriert diese Argumentation die Kritik betroffener Menschen, die wiederholt auf die verletzende Wirkung von Blackface hingewiesen haben. Diese Kritik erstreckt sich auch auf das Schwarzschminken im Rahmen anderer Traditionen wie z. B. beim Sternsingen.

Siehe auch Redface, Repräsentationsverhältnisse und Yellowface

Bodyismus

Der Begriff Bodyismus (auch Lookismus) bezeichnet Diskriminierung und Dominanz, die aufgrund körperlicher Schönheits- und Gesundheitsnormen stattfinden. „Gutes Aussehen“ und ein „gesunder“ Körper sind in unserer Gesellschaft enorm wichtig, um erfolgreich zu sein und ernst genommen zu werden. Vorstellungen davon, was schön und gesund ist, sind kulturell gewachsen, sehr variabel (bspw. galten vor einigen Jahrezehnten mehrgewichtige Frauen als attraktiver und blasse Haut als wichtiger für den sozialen Status als es heute der Fall ist) und individuell unterschiedlich. Dennoch werden (häufig sexistische) Normen und Ideale bezüglich des Körpers bspw. durch Bilder aus der Werbung geprägt und festgelegt. Menschen, die aus diesen Normen fallen, werden dafür oft psychisch oder physisch angegriffen und strukturell – also auf interaktionaler, institutioneller und gesellschaftlich-kultureller Ebene – diskriminiert. Dahinter stecken häufig Vorstellungen von Leistung und Selbstoptimierung im Sinne einer ökonomischen Nutzbarmachung und Produktivität von Menschen, die sich bspw. auch bei Ableismus und Altendiskriminierung finden. In der Geschichte des Rassismus wurden Schönheitsideale immer wieder eingesetzt, um „Rassen“ zu hierarchisieren. Auch heute wird vielfach Schönheit implizit immer noch mit Weißsein gleichgesetzt. Diese Erbschaft des Rassismus wirkt insbesondere noch in ehemals kolonisierten Gesellschaften nach und wird durch die kulturelle Hegemonie der westlichen Welt aufrechterhalten.